Macht Stadtnatur uns gesund und glücklich? – Ein Kurzbericht aus dem Projekt STUPS: Stadtnatur unterstützt psychisches Wohlbefinden
Der Ankereffekt am Beispiel der Dresdner Stadtnatur
Wer einmal ein psychologisches Phänomen im echten Leben beobachten will, dem sei ein kleines Experiment zum Ankereffekt ans Herz gelegt. Man muss dafür nur eine Frage an eine kleine Gruppe Menschen stellen: Wie viele Kleingartenvereine gibt es in Dresden? Eine Person aus der Gruppe macht die erste Schätzung (z. B. 35 Vereine) und beeinflusst damit alle weiteren Antworten, die danach kommen. Sie werden vermutlich zwischen 20 und 150 liegen, aber sich nicht mehr allzu weit von der anfangs genannten Zahl entfernen, die den einzigen „Anker“ bildet, wenn man nicht bessere Anhaltspunkte parat hat. Also, was denken Sie? Wie viele Kleingartenvereine gibt es im Gebiet der Landeshauptstadt Dresden? Schließlich ist Dresden eine der grünsten Großstädte Deutschlands. Tatsächlich sind es dreihundertneunundsechzig Vereine. Zusammen belegen sie über 792 Hektar Fläche (das sind in beliebteren Flächeneinheiten etwa 1110 Fußballfelder oder 0,3 % des Saarlandes). Der »Naturheilverein Dresden-Löbtau und Umgegend« e.V. gehört zu den ältesten Kleingartenvereinen in Dresden. Und genau dieses altehrwürdige Thema, wie Stadtnatur der Gesundheit und Heilung dienen kann, steht im Zentrum des STUPS-Projekts (STadtnatur Unterstützt Psychisches Wohlbefinden), das von Mai 2020 bis zum Frühjahr 2021 am Medienzentrum läuft.
Das STUPS-Projekt
Im Projekt STUPS geht es darum, was diese Natur in Städten mit unseren Köpfen macht. Hält sie uns gesund, verhilft sie uns zu mehr Konzentration oder lässt uns schneller genesen? Weht einem der Wind die trüben alten Gedanken beiseite und macht ihn frei für neues?
Diese Fragestellungen (jedoch etwas weniger poetisch) untersuchen wir derzeit am Medienzentrum der TU Dresden. Dabei schauen wir uns Veröffentlichungen der vergangenen zehn Jahre an, die sich (international) auf Stadtgrün und mentale Gesundheit beziehen und fassen die neuen Informationen aus diesen Publikationen inhaltlich und zahlenmäßig zusammen. Die Idee hinter einer solchen Zusammenfassung (Review bzw. Meta-Analyse) ist, dass mehrere Studien zusammen eine verlässlichere Aussage ergeben als einzelne.
Mentale Gesundheit ist dabei unserem Verständnis nach mehr als nur die Abwesenheit psychischer Krankheitslast, sondern schließt geistige Leistungsfähigkeit und persönliches Wohlbefinden mit ein. Und auch Stadtgrün wollen wir in einem viel weiteren Sinne behandeln, als nur Kleingärten zu betrachten: Stadtnatur ist allgegenwärtig, variiert aber stark in Qualität und Quantität und damit vermutlich auch in ihrer gesundheitlichen Wirkung. Unser Augenmerk liegt auf Parks, Wiesen und Wäldern von Städten und Stadträndern, aber auch urban beheimateten Zimmerpflanzen, Naturbildern oder Naturszenarien in virtueller Realität. Aus den letztgenannten medialen Darstellungen von Natur erklärt sich auch die Verortung am Medienzentrum. Ein mögliches Folgeprojekt könnte die Wirkung von virtueller und „realer“ Natur vergleichen.
Erste Ergebnisse deuten auf eine immense Bandbreite an positiven Natureffekten hin, von besserer Konzentration und Erholung über schnellere Heilung beim Fensterblick ins Grüne bis hin zur gesteigerten sozialen Interaktion in Naturräumen. Interessant ist jedoch auch, dass solche Studienergebnisse besonders in westlichen Ländern oft einer Verzerrung unterliegen, die Natur einhellig als positiv darstellt. In tropischen Regionen gehören zu einer Naturbetrachtung auch deren Gefahren, z. B. durch Naturkatastrophen, Schlangen und Krankheitsübertragung durch Mücken. In Deutschland halten sich die Risiken durch Stadtnatur eher in Grenzen. Ersten Erkenntnissen nach zu schließen ist der Aufenthalt im Grünen also ans Herz zu legen – weitere Ergebnisse folgen.
Kontakt
Frau Marilisa Herchet
Tel.: +49 351 463-40145
Mail: marilisa.herchet@tu-dresden.de