Was hat Corona uns gelehrt? – D2C2 untersucht digitales Prüfen an Hochschulen

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Digitales Prüfen – also Prüfungen mithilfe digitaler Hilfsmittel durchzuführen – ist nicht gänzlich neu aber seit Corona für Hochschulen und deren Studierende relevanter denn je . Was sind diesbezüglich Aspekte, Themen und Bedarfe?

Welche Entwicklung wird es beim digitalen Prüfen in Zukunft geben und wie gestaltet sich im Allgemeinen die Prüfungskultur an sächsischen Hochschulen? Eine Arbeitsgruppe des Verbundprojekts “D2C2 – Digitalisierung in Disziplinen Partizipativ Umsetzen :: Competencies Connected“ beschäftigt sich mit diesen Fragen.

Im Rahmen einer Delphi-Befragung wurden dazu verschiedene Akteur:innen sächsischer Hochschulen und der Berufsakademie Sachsen befragt, die an der rechtlichen, didaktischen, technischen und organisatorischen Gestaltung von Prüfungen beteiligt sind. Die Ergebnisse zeigen deutlich: ob digital oder nicht, Prüfungen sind ein Thema, das viele Spannungsfelder eröffnet – rechtliche Bedingungen, infrastrukturelle Ausstattung, technischer Support bis hin zu Diversitätssensibilität und Kompetenzorientierung. Außerdem – so die Schlussfolgerung – können Prüfungen nicht unabhängig von der grundsätzlichen Ausrichtung der gesamten Hochschullehre betrachtet werden.

 

Prüfen an Hochschulen aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten

Das sachsenweite Verbundprojekt D2C2 wird von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre gefördert und umfasst zahlreiche Teilaspekte der Digitalisierung der Lehre an sächsischen Hochschulen. Ziel des Gesamtprojektes ist es, Lösungen für aktuelle Herausforderungen zu entwickeln und fachspezifisch umzusetzen. Im Digital Turning Point: Digitales Prüfen ging es zunächst darum, diese Herausforderungen in Bezug auf Prüfen zu identifizieren und klar zu umreißen. Hierfür wurden im Rahmen einer Delphi-Studie die Personen befragt, die auf verschiedenen Ebenen mit Prüfungen an Hochschulen zu tun haben: Prorektor:innen, Dekan:innen, Studiendekan:innen, Institutsleiter:innen, Justitiar:innen, Prüfungsausschüsse, Verwaltungsangestellte, technische Angestellte, Studierendenvertretungen oder Fachschaftsräte. So konnte das Themenfeld aus den unterschiedlichen Perspektiven heraus beleuchten werden: von der didaktischen Konzeption über die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen Prüfungen abgehalten werden bis hin zu organisatorischen Gegebenheiten und Bedarfen sowie der technisch notwendigen Ausstattung zur Durchführung digitaler Prüfungen. Die Methode der Delphi-Befragung ermöglichte es, dieses komplexe Themenfeld über drei Befragungsrunden zu erschließen. Zunächst wurde die wahrgenommene Situation sowie eine Einschätzung zukünftiger Entwicklungen erfasst, inhaltsanalytisch ausgewertet und anschließend die Freitext-Antworten zu Aussagen verdichten. Zu diesen Aussagen konnten die Befragten in einer zweiten Befragungsrunde ihre Zustimmung oder Ablehnung angeben. Zuletzt wurden die Daten zu zehn Schlussfolgerungen zusammengefasst und diese den Befragten erneut vorgelegt.

All diese Angaben, Reaktionen und Kommentare flossen in die Auswertung ein und bieten nunmehr ein multiperspektivisches Bild des digitalen Prüfens an sächsischen Hochschulen.

Wo finden sich Spannungsfelder?

Das Feld des digitalen Prüfens ist komplex. Das haben uns die Ergebnisse eindrücklich gezeigt. Standort- und fachspezifische Gegebenheiten führen dazu, dass sich teilweise konträr gegenüber stehende Aussagen ergaben. Zum Beispiel ist die technische Infrastruktur an den verschiedenen Hochschulen unterschiedlich ausgebaut, wodurch sich unterschiedliche Bedarfe ergeben. Weiterhin gibt es verschiedene Verständnisse hinsichtlich der didaktischen Gestaltung von kompetenzorientierten Prüfungen in verschiedenen Fächern und damit auch eine unterschiedliche Einschätzung darüber, inwiefern konkrete

Prüfungsszenarien digital möglich sind. Darüber hinaus gibt es aber auch Aspekte der Prüfungsorganisation und Planung, die Befragte ähnlich einschätzen. So wird der Austausch unter den verschiedenen Akteur:innen als enorm wichtig herausgestellt und es herrscht Unsicherheit bezüglich bestimmter rechtlicher Bedingungen und Vorgaben. Unsere Ergebnisse lassen sich in Form von mehreren Spannungsfeldern darstellen, die unterschiedliche Aspekte des digitalen Prüfens beinhalten: An welchen Stellen müssen rechtliche Bestimmungen angepasst werden? Wie sieht eine “neue” Prüfungskultur aus, die die Veränderungen und Ansätze innovativer Prüfungsformen aus der Pandemie-Zeit aufgreift? Welche Kompetenzen sollten fächer- und standortübergreifend gedacht werden? Wie sähe eine Prüfung aus, in deren Konzeption und Durchführung Studierende nicht nur als Prüflinge partizipieren? Diese Spannungsfelder wurden den Teilnehmenden in Form von Schlussfolgerungen vorgelegt und um eine Reaktion gebeten. Die Auswertung zeigt, dass einige Schlussfolgerungen auf große Zustimmung treffen: Einigkeit herrschte darüber, dass Infrastrukturen für die Konzeption und Umsetzung von verschiedenen Prüfungsformaten gegeben sein müssen. Zudem sollten Kriterien für digitale Tools in der Hochschullehre formuliert und eingehalten werden und für Lehrende sollten hochschuldidaktische Weiterbildungen mit dem Fokus auf Prüfungsdidaktik implementiert werden. Ein diverseres Stimmungsbild zeigte sich bezüglich der Aussagen, dass Notfallregelungen in zeitgemäße, nachhaltige Strukturen überführt werden müssen, für eine zeitgemäße Prüfungspraxis eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen Lehrenden und Studierenden notwendig ist und innerhalb der Prüfungspraxis vermehrt auf den Abbau von Barrieren und die Forcierung der Chancengleichheit geachtet werden sollte.

Einen detaillierten Einblick in die Ergebnisse der Befragung mit allen Spannungsfeldern und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen erhalten Sie hier.

Wohin geht es?

Ist es nur eine selektive Wahrnehmung oder eine Tatsache, dass viele Lehrende wieder zurück zu den “analogen” Prüfungsdurchführungen gehen? Wie gestaltet sich eine didaktisch sinnvolle, organisatorisch machbare und nachhaltige (digitale) Prüfungspraxis an einer digitalisierten Hochschule? – Das ist, wie eingangs erwähnt nur im Rahmen der gesamten Hochschullehre zu beantworten.

Im Rahmen des Digital Turning Points: Digitales Prüfen werden die identifizierten Veränderungsprozesse durch kurze Informationsveranstaltungen zu den festgestellten Bedarfen begleitet. Den Auftakt gestaltet die Juristin Prof. Dr. Escher-Weingart der Universität Hohenheim. Unter dem Titel „Zwischen Rechtssicherheit und Lehrfreiheit: Begriffliche Klarheit als Voraussetzung für digitales, kompetenzorientiertes Prüfen“ widmen wir uns nicht nur wichtigen Grundbegriffen des Prüfungsrechts, sondern profitieren auch von ihrer langjährigen Erfahrung in der Prüfungskommission und erhalten einen Einblick in die Möglichkeiten der Entwicklung von Strukturen für eine zeitgemäße Hochschullehre.

Wann? 19.09.2023 – 13:00 – 14.30 Uhr

Wo? https://www.hd-sachsen.de/projekte/d2c2/digital-turning-points#c3366

Anmeldung

Kontakt

Marie-Theres Lewe, Hochschuldidaktik Sachsen (HDS), Universität Leipzig
E-Mail: marie-theres.lewe@hd-sachsen.de

Tobias Weber, Center for Open Digital Innovation and Participation (CODIP), TU Dresden
E-Mail: tobias.weber1@tu-dresden.de

Weiterführende Informationen und Links

Website des Verbundprojektes

Website des Digtial Turning Points: Digitales Prüfen

Autor: Tobias Weber

Josephine Obert

Technische Mitarbeiterin für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit am CODIP - TU Dresden.

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