Individuelle Betreuung und Unterstützung von Studierenden skalierbar ermöglichen – Entwicklung von Gestaltungskonzepten im Projekt tech4comp
Die Digitalisierung von Lehrveranstaltungen muss in der aktuellen Situation ad hoc erfolgen und wirft viele grundsätzliche Fragen auf: Wie kommen die Studierenden an die Materialien? Wie können Lehrende und Studierende sicher miteinander kommunizieren? Wie kann ein Austausch unter den Studierenden erfolgen? Hierzu gibt es bereits eine Vielzahl von Werkzeugen, die von den Lehrenden und Studierenden gerade intensiv getestet, genutzt und positiv oder negativ beurteilt werden.
Im vom BMBF geförderten Verbundprojekt tech4comp entwickeln und beforschen wir aktuell digital gestützte Betreuungsszenarien, die über diese grundlegenden Funktionen hinausgehen und den Studierenden ein personalisiertes und individualisiertes Lernen ermöglichen sollen, wobei sie ein kontinuierliches Feedback und Empfehlungen zu ihrem Lernprozess und –fortschritt erhalten. Ziel des Projektes ist die Entwicklung von Gestaltungskonzepten, die Mentoringprozesse für den Erwerb von Kompetenzen skalierbar machen. Damit ist gemeint, dass die individuelle Betreuungssituation zwischen Mentor*in und Mentee aufgrund der Nutzung digitaler Infrastrukturen und des Einsatzes Künstlicher Intelligenz auch für große Studierendenzahlen ermöglicht werden soll.
In einer Lehrveranstaltung der Professur Bildungstechnologie an der Fakultät Erziehungswissenschaften erproben wir hierzu verschiedene didaktische Interventionen unter der Nutzung digitaler Werkzeuge. Die Vorlesung existiert bereits als ein Blended-Learning-Arrangement, in dem Vorlesungsaufzeichnungen, digitale bereitgestellte Texte sowie verschiedene thematische Foren für die Wissensvermittlung und den Austausch genutzt werden. Bisher haben die Studierenden jedoch bis zur Teilnahme an der Klausur keine Rückmeldungen zu ihrem Lernstand erhalten. Dies wollen wir nun mit zwei Interventionen und sehr spezifischem Feedback hierzu verändern.
So erproben wir im Projekt ein Textanalysewerkzeug, welches an der Martin-Luther-Universität Halle entwickelt wird. Mit diesem Werkzeug ist es möglich, die themenspezifischen mentalen Modelle der Studierenden aus ihren Texten herauszukristallisieren und in Wissenslandkarten abzubilden. Die Studierenden erhalten so ein Feedback, welche zentralen Begriffe des Themenfeldes sie bereits in ihren mentalen Modellen verinnerlicht haben und wie diese miteinander verknüpft sind. Darüber hinaus können die Studierenden ihr eigenes Modell mit dem eines Mustertextes vergleichen und so erkennen, auf welche zentralen Begriffe sie noch stärker eingehen müssten und welche Begriffe ggf. noch isoliert in ihrem mentalen Modell existieren. Hierbei geht es demnach nicht um ein Feedback zu richtigen oder falschen Antworten, sondern um eine elaborierte automatisierte Rückmeldung zum Verständnis eines komplexen Themenfeldes.
Darüber hinaus bieten wir den Studierenden eine Probeklausur auf Grundlage automatisiert auswertbarer Aufgaben an. Auch hier ist es nicht unser Ziel, herauszufinden, ob die Studierenden die Aufgaben richtig oder falsch gelöst haben, sondern wir stellen die Aufgaben in einem Gesamtkontext dar. Alle Aufgaben haben wir in einem externen Werkzeug der Universität Leipzig mit Metadaten annotiert und können so abbilden, auf welchen Lernzieltaxonomie-Stufen (Erinnern – Verstehen – Anwenden – Analysieren) und in welchen Wissensarten (Faktenwissen – Konzeptwissen – Prozesswissen) die Studierenden bereits sicher antworten und wo sie noch Defizite aufweisen.
Das Feedback erhalten sowohl die Studierenden für ihre individuellen Lernleistungen als auch der bzw. die Lehrende für die gesamte Studierendengruppe über eine sogenannte Mentoring-Workbench, welche am Medienzentrum entwickelt wird. Diese ermöglicht nicht nur das Anzeigen von Feedback und darauf basierende Empfehlungen für das weitere Lern- bzw. Lehrhandeln, sondern auch den Datenaustausch zwischen dem genutzten Lernmanagementsystem (in unserem Fall OPAL) und den verwendeten externen Werkzeugen.
Das ist der Grund, warum wir uns am Medienzentrum auch intensiv mit den Themen Datenschutz und organisationale Implementierung beschäftigen, denn nachdem wir die im Projektverbund entwickelten Werkzeuge erprobt und ihre Wirksamkeit beforscht haben, möchten wir sie allen Hochschullehrenden zur Verfügung stellen, wofür bestimmte rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen erforderlich sind, die wir von Anfang an im Projekt berücksichtigen.
Aktuell können unsere Projektergebnisse daher noch nicht für die digital gestützte Lehre in der Corona-Krise eingesetzt werden, wir sind aber zuversichtlich, dass sie zukünftig digital gestützte Lehr- und Lernprozesse noch personalisierter und individueller ermöglichen können. Wenn Wissensvermittlung und Austausch jetzt schon verstärkt digital gestützt stattfinden, wird es in Zukunft einfacher sein, die Angebote noch um weitere Szenarien und Technologien zu ergänzen. Wir halten Sie hierzu gern auf dem Laufenden.
Weitere Projektinformationen finden Sie auf unserer Projektseite: https://tu-dresden.de/mz/forschung/projekte/tech4comp oder der Verbundwebseite: https://tech4comp.de/.